→ So schön die Drei im Sterbeheim

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Roman
Übersetzung aus dem Französischen von Astrid Schmeda


ISBN 978-3-943446-55-5
Preis: € 16,-
208 Seiten
Edition Contra-Bass

Inhaltsbeschreibung:
Drei alte Damen in einem Altenheim in Biarritz am Atlantik: Jede von ihnen
hat eine unverarbeitete Geschichte, die sie jetzt kurz vor dem Ende einholt: die
85jährige Alexandrine, die von ihrem Ex-Mann betrogen, ausgenommen und entwürdigt
wurde, Gisèle, mit 80 Jahren die Jüngste, deren Nachbar ihren geliebten
Hund vergiftete, und Marie-Thérèse, fast hundertjährig, die von ihrem Kindheits-
Kastanienbaum träumt, den sie gerne noch einmal umarmen möchte, aber ihr
Schwiegersohn hat geheime Gründe, weshalb er sich weigert, sie hinzufahren.
Alexandrine beginnt zu schreiben und behauptet, es sei die Neubearbeitung eines
Märchens – die Prinzessin heiratet einen Prinzen, und der entpuppt sich als
Frosch. Alexandrine hat den Frosch aus dem Turm geworfen, und dieses „Platsch“
animiert die beiden anderen.
So spinnen sie auf ihren Spaziergängen im Park, beim Scrabble und bei den
Mahlzeiten ihre geheimen Rachegedanken aus, und dabei verschwimmen Fantasie
und Realität … Die unwürdige Behandlung und die fehlende Anteilnahme und
Warmherzigkeit des Personals bringt Alexandrine dazu, zornige Briefe an den
Präsidenten zu schreiben.
Marie Laborde wirft mit viel Humor sowie scharfsinnigen Beobachtungen einen
erhellenden Blick durch die Augen der alten Damen auf die Brennpunkte unserer
Gesellschaft.

Autor:
Marie Laborde wurde 1942 in Biarritz (Baskenland) geboren und studierte Literatur in Bordeaux. In Paris arbeitete sie beim Dokumentarfilm, als Lektorin und Korrektorin und schrieb Essays und Romane.
Sie lebt seit vielen Jahren in der Provence als Lehrerin für Französisch als Fremdsprache.
Der vorliegende Roman entstand aufgrund von Besuchen bei einer Freundin in einem Altenheim und wurde vor der Pandemie fertiggestellt.

Textprobe
Dieser Sturz erfolgte nicht aufgrund eines Schwindelanfalls, wie die Polizisten es glaubten. Ich habe ihn geschubst, er schrie „aaaah!“ und vier Etagen tiefer … platsch! Sofort tot.
Keinerlei Verdacht belastete mich.
Ich war damals fünfundfünfzig Jahre alt – es ist niemals zu spät, um Böses zu tun, würde der alte Knacker Verdier sagen, und bei dieser Gelegenheit hätte er nicht unrecht, weil ich mich dreißig Jahre später immer noch beglückwünsche, durch diese beispielhafte Geste (scheuen wir uns nicht, die Dinge beim Namen zu nennen) beigetragen zu haben, diese armen Idiotinnen zu rächen, die sich mit charmanten Prinzen verheiratet haben und sich vorstellten, Prinzessinnen zu werden, und dann…
Wie diese Idiotinnen habe ich einen charmanten Prinzen geheiratet, wie sie habe ich der Metamorphose vom Prinzen zum Frosch beigewohnt, wie sie wurden meine Träume eines kleinen Mädchens weggeschwemmt im unversiegbaren Fluss der Tränen und der bitteren Reue. Wenigstens habe ich ihn getötet, und das Märchen konnte für immer und ewig abgeschlossen werden durch ein happy end, würdig seines Namens.
Mein einziges Bedauern ist, ihn zu liebenswürdig getötet zu haben. Ich hätte ihm gern die Fingernägel mit einer Kneifzange herausgerissen, ihn mit einem Brecheisen ausgeweidet, sein Lächeln mit einem Hammer zerschlagen, seinen Schwanz in Wurstscheiben zerschnitten und ihn schließlich den Miss-handlungen dieses Psychopathen Steven King überlassen, die damals meine dunklen Grübeleien einer malträtierten Ehefrau vertrieben – „Ah! Guten Tag Cruella !“ rief die Buchhändlerin bei meinem Eintreten aus, die meine Vorliebe kannte für Krimis, gefüllt mit Horror und Gräueltaten.

Nachwort: Bekenntnis ist nicht Buße. Ich tue keine Buße für mein Vergehen, im Gegenteil, ich erfreue mich an der Aussicht, den Ermordeten in diesem Heft wieder auferstehen zu lassen, um des Vergnügens willen, ihn noch ein weiteres Mal zu töten durch die Macht meines magischen Kulis. Abracadabra Kuli! Verrecke, Frosch, verrecke, du bist noch nicht genug verreckt!

Zwei Tage später, nach dem nochmaligen Lesen der vorigen Seite.

Was ich gerade gelesen habe, ist nicht der Anfang, den ich in meinem Kopf entworfen, mir vorgestellt, erarbeitet, gedacht und überdacht hatte, und so sehr und so gut ausgefeilt, dass ich nach mehreren Tagen der Überlegungen einen perfekten Text zustande gebracht hatte. Es fehlte nur noch, ihn aufs Papier zu legen. Also, zwischen dem Mittagessen und dem Scrabble-Spiel, in diesem Moment des relativen Friedens, wo das Pflegepersonal im Ruhesaal raucht und Gisèle Großfuß ihre Siesta macht, (sie schnarcht nur in der Nacht), habe ich mein neues Heft geöffnet und … mir gehört die weiße Seite! Aber nun, unter der Fuchtel meines Kulis, der die Linien entlang vorwärts stürmte, wurde ein völlig anderer Anfang als der perfekte Anfang, den ich so gut erdacht hatte, geschrieben … ohne mich. Ja, ohne mich. Nein, dieses schockierende kann nicht von mir stammen. Ich weiß nicht, wer das geschrieben hat.

Woher die Fragen, die in der Nacht herumwirbelten, eine dieser endlosen Nächte von Schlaflosigkeit, die durchquert werden von Gedanken, die einen erreichen wie Meteore vom Grunde der Galaxie, von der Sorte: „Du weißt noch nicht, wer du bist? In deinem Alter?“ Oder: „Der Mensch, ist er dazu bestimmt zu verschwinden, ohne jemals gewusst zu haben, wer er war und was er auf dieser Erde machte?“

Es ist wichtig zu sagen, dass man hier enorm viel denkt. Aufgrund des Fehlers, ein Leben zu leben, das den Namen Leben nicht verdient, denkt man, man denkt, dann weiß man nicht mehr, was man denkt, schließlich endet man damit, über-haupt nichts mehr zu denken.

Aber, das sei gesagt: die unbedeutende kleine Oma von fünfundachtzig Jahren, die sich in der Geschwindigkeit einer Schnecke mit ihrem Rollator auf den Fluren der Residenz dahinschleppt, freut sich in ihrem Inneren, was auch immer sein mag, jauchzt, furzt vor Stolz, dieses Arschloch getötet zu haben.