→ Islamische Kultur in Europa

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Islamische Kultur hat Jahrhunderte lang – seit 711 – die abendländische Kultur positiv beeinflusst. Sie breitete sich von der iberischen Halbinsel bis Sizilien und nördlich bis in die Schweiz aus. Wir verdanken ihr eine kulturelle Blüte im Mittelalter. Sie bewirkte schließlich die Entwicklung der italienischen Stadtstaaten und die Entstehung einer offeneren Gesellschaft im europäischen Mittelmeerraum, aber auch der Hanse im nördlichen Europa. Als Renaissance hat sich das Abendland diese neue Zeit zu Unrecht auf die eigenen Fahnen geschrieben. Mit Kreuzzügen und Inquisition wurde dagegen gekämpft. Erst im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, wurde die christliche Leitkultur entscheidend geschwächt. Mit ihr verloren Adel und Kirchen ihre Vormacht. Die bürgerliche Gesellschaft konnte sich entfalten. Dazwischen liegt ein Jahrtausend des blutigen Abwehrkampfes. 2011 befindet sich der Islam seit 1300 Jahren auf europäischem Boden. Trotzdem gilt er als unerwünscht. Der Anti-Semitismus wird von Populisten durch den Anti-Islamismus ersetzt. Unbeirrbare Islam-Kritiker wie der Papst tragen zum Zerrbild bei.

Geschrieben von Gerd Stange

ISBN 978-3-943446-05-0
ca 120 Seiten
12.90 €
Edition Contra-Bass

 

Leseprobe

Der Aufstieg des Bürgertums begann auf europäischem Boden im Kalifat von Cordoba vor einem Jahrtausend – lange vor der italienischen ‘Renaissance’.
Im 10. Jahrhundert kontrollierten die Mohammedaner noch praktisch alle Handelswege zum Mittelmeer und im Mittelmeer. Selbst Sizilien und Kreta wurden erobert, so dass der byzantinische Kaiser nur noch den Zugang über Konstantinopel nach Europa bewachte. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung entwickelten sich die Städte und damit das aufkommende Bürgertum. Marktflecken waren besonders prosperierend und unter ihnen naturgegeben die Hafenstädte. Von Setubal über Malaga, Almeria und Denia bis Tarragona entfalteten sich ein Dutzend Im- und Exporthäfen auf der iberischen Halbinsel. Eine längere Zeit war auch Narbonne in islamischer Hand, doch änderte sich nichts Grundsätzliches, als es schließlich wieder christlich wurde, denn die Grenzen waren durchlässig. Die südfranzösische Mittelmeerküste war offen für die neue Kultur ebenso wie die italienische. So entwickelten sich auch dort die Handelszentren am Meer, die den Austausch zwischen Orient und Okzident vermittelten. Die Nähe zur islamischen Welt war bestimmend, in Italien war anfangs der Süden durch seine Nachbarschaft zu Sizilien am mächtigsten, vor allem Amalfi. Doch setzten sich schließlich im 12. Jahrhundert Genua und Venedig durch. Venedig eroberte 1204 Kreta und besiegte 1381 endgültig auch Genua.

Ein wichtiger Kulturvermittler waren die jüdischen Kaufleute, die in christlichen wie in islamischen Ländern aktiv waren. Sie fanden sich in Arabien, Nordafrika und am Schwarzen Meer, aber auch von Südspanien und Südfrankreich bis ins Rhein-Mosel-Gebiet. Der Niedergang der islamischen Kultur hatte mit Problemen der Geldwirtschaft zu tun: Ab dem 12. Jahrhundert drangen im Osten die Mongolen vor, deren Handel Silbermünzen verlangte, die nicht mehr ausreichend zur Verfügung standen und beim Umtausch gegen Goldmünzen zu Verlusten führten. Der Aufstieg der italienischen Städte ging einher mit der Einführung eigener Währung, Florenz prägte 1252 den ersten Florin, Venedig 1282 den ersten Dukaten. Das Gold aus der Neuen Welt war der Todesstoß für die islamische Wirtschaft am Mittelmeer. Aber das Aufwärtsstreben des Bürgertums in den europäischen Städten ließ sich nicht verhindern, nur bremsen. Allerdings dauerte es bis zur Niederlage von Adel und Kirche noch ein halbes Jahrtausend.